15.07.2025

Disposition und Tourenplanung: Wenn Künstliche Intelligenz an ihre Grenzen stößt

Künstliche Intelligenz kann im Bereich der Disposition den Fachkräftemangel lindern. Einfache Rezepte gibt es hier jedoch nur für die weniger komplexen Anwendungen. Die NUFAM zeigt eine Reihe von Ansätzen.

Automatische Tourenplanung und KI-gestützte Disposition: Diese Schlagworte kursieren in der Logistikbranche schon seit einigen Jahren. Es gibt diverse Lösungsansätze, von denen sich manche bereits in der Praxis bewährt haben. Manche versuchen, die realen Tourenplanungen menschlicher Disponenten aus den vergangenen sechs Monaten auszuwerten.

Algorithmus lernt

Ein intelligenter Algorithmus soll daraus lernen und erkennen, wie eine passende Tour auszusehen hat und welche Kriterien berücksichtigt werden müssen. Chat GPT arbeitet ähnlich. Der große Unterschied ist jedoch, dass diesem so genannten „Large Language Model“ unendliche Datenmengen geschriebener Texte aus dem Internet zur Verfügung stehen, während es sich bei den Tourenplänen der letzten sechs Monate um eine vergleichsweise kleine Informationsbasis handelt.

Bei einfacheren dispositiven Aufgaben wie dem Verteilen von Stückgut mag dies unter Umständen ausreichen. Aber komplexe Planungen aus dem Bereich der intermodalen Transporte lassen sich damit nicht sinnvoll abbilden. Mal abgesehen davon, dass die von Menschenhand erstellten Planungen aus der Vergangenheit mangelhaft sein können: Ein Algorithmus, der von mittelmäßigen Disponenten lernt, produziert am Ende selber nur Mittelmaß.

Schatten-Dispo im Hintergrund

Ein besserer KI-Ansatz ist deshalb die so genannte Schatten-Disposition, die permanent im Hintergrund arbeitet. Diese erstellt mit der Hilfe von KI Tourenpläne, die auf Basis der gerade aktuellen Situation, einem Regelwerk und Bewertungsmaßstäben das beste Ergebnis liefern. Die Disponenten haben jederzeit die Möglichkeit, ihre eigene Arbeit mit den Ergebnissen der KI als Schatten-Dispo zu vergleichen. Bessere Ideen können übernommen und unpraktikable Vorschläge verworfen werden. Der Disponent bleibt demnach ein unabdingbarer Faktor.

Zum Errechnen brauchbarer Ergebnisse braucht die KI jede Menge Informationen, die je nach Unternehmen unterschiedlich sind. Dabei geht es vor allem um die „Soft Facts“ wie die Vorlieben der Fahrer. Während Willi als frisch verheirateter Familienvater möglichst viel Freizeit zu Hause verbringen möchte, bevorzugt Igor Aufträge, die ihm möglichst viele Spesen einbringen. Ihn darf man jedoch nicht mehr nach Krefeld zum Entladen schicken, weil er sich neulich mit dem dortigen Lageristen angelegt hat.

Diese und viele andere Befindlichkeiten müssen der KI in einem ständigen Lernprozess verständlich gemacht werden. Disponenten und Software-Entwickler stehen dafür in einem permanenten Austausch. Gleiches gilt für die Veränderungen an den Soft Facts – wenn bisherige Fahrer kündigen und neue Kollegen mit anderen Präferenzen an den Start gehen.

Wie ein Azubi im ersten Lehrjahr

Ohne dieses Wissen verhält sich jede KI-Software wie ein Auszubildender im ersten Lehrjahr, der sich gerade erst mit den Lenk- und Ruhezeiten, dem Straßennetz und den Fassungsvermögen der einzelnen Fahrzeuge befasst hat. Solche „Lehrlinge“ stehen in Form komplexer KI-Anwendungen längst bereit. Aufgrund ihres riesigen Umfangs wurden sie nicht von mittelständischen Softwarefirmen, sondern von IT-Giganten programmiert.

Bei Google heißen sie OR-Tools und werden Entwicklern kostenlos zur Verfügung gestellt. Die Herausforderung besteht darin, das zu lösende Problem in eine der bei Google verfügbaren KI-Modelle zu übersetzen. Dabei muss man zum Beispiel abstrahieren, dass die Touren von Fahrer Willi aufgrund seiner derzeitigen privaten Situation möglichst in Wien enden sollten.

Trotzdem werden Fuhrparks niemals ganz ohne Disponenten auskommen. Bei aller Vorsorge und Programmierung gibt es im Alltag immer noch die völlig unplanbaren Ereignisse wie plötzlich erkrankte Fahrer, Fahrzeugausfälle oder Unfälle. In solchen Situationen wird immer ein Mensch entscheiden müssen, wie es im konkreten Fall weitergehen soll. Apropos konkret: Im Rahmen der NUFAM stehen einige Firmen für Fachgespräche zum Thema KI bereit. Zu den Experten zählen die Aussteller Arealcontrol, Samsara, webfleet solutions, BPW Bergische Achsen, Krone oder Scania.

Mehr zum Thema finden Sie auf dem NUFAM-YouTube-Kanal: